Datenökosystem für die Autobranche

Unkenrufen zum Trotz: Catena-X ist am Start

Für die „Wirtschaftswoche“ ist Catena-X die „größte IT-Luftnummer der deutschen Industrie“. Jürgen Sturm von der ZF Group kann die Kritik nicht nachvollziehen. Zusammen mit rund 190 anderen Mitgliedern engagiert sich sein Unternehmen stark für das europaweite Catena-X Automotive Network, das sich nicht weniger vorgenommen hat als die Schaffung eines offenen, interoperablen Datenökosystems für den Automotive-Sektor. Gemeinsam wollen die Betreiber Transparenz in die globalen Lieferketten bringen, mehr Nachhaltigkeit ermöglichen und neue Geschäftsmodelle voranbringen. Ebenso versprechen sie sich Kosteneinsparungen und ein verbessertes Qualitätsmanagement von der Zusammenarbeit.

Wie Jürgen Sturm deutlich machte, ist Catena-X weit mehr als nur eine gemeinsame Datenbank. Es handele sich um ein offenes Ökosystem, in dem sich Daten standardisiert, sicher und einfach entlang weltweiter Wertschöpfungsketten teilen ließen. Seine wichtigste Message bei CIOmatch auf der Hannover Messe: Das übergreifende Netzwerk für OEMs, Zulieferer, IT-Anbieter und Dienstleister ist verfügbar und kann bereits genutzt werden.

Den Weg von Bauteilen einfacher zurückverfolgen

Catena-X bietet demnach Antworten auf das Problem, dass es branchenweit unendlich viele unterschiedliche Formate und Systeme gibt, die miteinander nicht kompatibel sind. Ziel ist, einheitliche Standards für die Daten- und Informationsflüsse in der automobilen Wertschöpfungskette zu schaffen. Ebenso sollen konkrete Anwendungen auf Basis des entstehenden Ökosystems ermöglicht werden – etwa für eine bessere Rückverfolgung von Komponenten oder zur Bestimmung des CO2-Fußabdrucks von Einzelteilen entlang der Supply Chain. Andere Vorhaben befassen sich mit der Kreislaufwirtschaft oder einem verbesserten Qualitätsmanagement.

Um die Nutzung zu vereinfachen, haben Catena-X-Unternehmen vor zwei Jahren das Joint-venture Cofinity-X gegründet, eine Betreibergesellschaft, die Apps und Services für den sicheren Austausch von Daten ermöglicht. Es soll vor allem den vielen kleinen und mittleren Unternehmen in der Automobilindustrie helfen, einen einfachen und schnellen Einstieg in das Catena-X-Ökosystem zu schaffen. Cofinity-X bietet dazu einen App-Marktplatz, einen sicheren Datenaustausch nach einem Open-Source-Ansatz und Onboarding-Services für neue Teilnehmer.

BMW hat Management von Unternehmenszertifikaten vereinheitlicht

Sturm stellte das Beispiel von BMW vor: Die Bayern haben mit Cofinity-X einen Weg gefunden, das Management von Unternehmenszertifikaten zu vereinheitlichen und viel einfacher zu gestalten – was deutliche Einsparungen für alle an diesem Prozess Beteiligten zur Folge hatte.

Für die Macher von Catena-X sind Open-Source-Lösungen – schon aus Kostengründen – gesetzt. Der zugrundeliegende Software-Stack ist unter dem Dach der Eclipse Foundation von der eigens ins Leben gerufenen Tractus-X-Community entwickelt worden. Die teilnehmenden Unternehmen versprechen sich davon sichere, interoperable und skalierbare Lösungen von Beginn an – die Voraussetzung, um einen vertrauenswürdigen Datenraum zu etablieren.

Unzählige inkompatible Systeme und Formate: Gegen diesen Missstand in der Autobranche soll Catena-X helfen. (Foto: David Ausserhofer/CIOmatch)